Richard Kägi, Koch, Buchautor, ehemaliger Food-Scout
Richard «Richi» Kägi ist Koch, Buchautor, ehemaliger Food-Scout von Globus, Tausendsassa – und so vielschichtig wie eine richtig gute Lasagne. Seine Leidenschaft für guten Geschmack geht dabei über den Tellerrand hinaus. Dafür spricht unter anderem sein eindrückliches Eigenheim im Zürcher Dolderquartier. Lernen Sie einen Mann kennen, der auf vielen Hochzeiten tanzt und dabei immer eine gute Figur macht.
«Richi, wer bist du?»
«Ich bin seit Kurzem pensioniert und erhalte die AHV – gehöre jetzt also zum Ausschuss. Und trotzdem wird es nicht ruhiger. Das Leben ist spannender, wenn man sich auf verschiedenen Bühnen bewegt. Aber immer meinen Neigungen entsprechend. Es geht für mich weiter und ich verspüre nicht den Wunsch weniger zu machen, es hat sich einfach verlagert. Ich schreibe für die NZZ, bin gerade an einem spannenden Gastroprojekt mit anderen Gastronomen dran, veranstalte 15 x pro Jahr Dinner-Club-Abende und bin auf Social Media sehr aktiv».
«Und was ist mit Homemade?»
«Richtig, das ja auch noch». Homemade.ch ist eine Online-Plattform, die alles Schöne und Nützliche rund um Küche und Tisch anbietet und die er mit zwei ehemaligen Globus-Mitstreitern gegründet hat.
«Du bist also ein Genussmensch?»
«Ich habe einfach Freude an guten Sachen. Wie ehrlicher und guter Food».
Kägi ist Winterthurer mit österreichischen Wurzeln. Seine Mutter stammte aus der Alpenrepublik, sie gab ihm auch die Leidenschaft fürs Kochen mit auf den Weg. Mit ihr verstand er sich immer gut, mit dem Vater überwarf er sich schon früh. Den Wunsch nach Unabhängigkeit verspürte er seit seiner Kindheit. «Ich wollte aber nie Koch werden, hatte genug traurige Beispiele von Menschen gesehen, die aus der Notwendigkeit, Geld zu verdienen Tag für Tag das Gleiche machen. So wie mein Vater, der als Kranführer arbeitete. Das war nichts für mich, ich muss für etwas brennen», erzählt er.
Ansichten im Haus von Richi Kägi
Kägi on fire
Und bei Richi brannte es lichterloh! Nach der Mechanikerlehre machte er eine Kellnerlehre in einem Hotel. Danach eröffnete er zusammen mit einem Kumpel einen Club in Winterthur. Irgendwann war auch dieses Kapitel beendet. «Ich bin eines Morgens aufgewacht und wusste, ich muss etwas ändern. So ging ich nach Australien». Zurück in der Schweiz arbeitete er zunächst in der Gastronomie beim Globus, im Kultrestaurant Movie. Dann kam Delicatessa und suchte jemanden für den Einkauf. Kägi zögerte, weil ihm die Firma zu gross erschien. Er liess sich dann aber überreden - und es wurden schliesslich 28 Jahre draus. Den Stellenbeschrieb konnte er selbst schreiben, der Einkaufsleiter liess ihn gewähren. So entstand auch die Jobbezeichnung «Foodscout», die einmalig in der Schweiz ist.
Während dieser vielen Jahre erlebte er einige Einkaufsleiter. «Jeder von Ihnen wollte mir mal kündigen», schmunzelt er. «Ich war unführbar, machte einfach mein Ding. Hatte aber immer Schutz von oben. Und Erfolg.»
Kägi ist einer, der sich nicht verbiegt, seine Seele nicht verkauft, einfach seinen Weg geht. Das musste auch sein Schwiegervater in spe erfahren. Kägi besitzt zwei Oldtimer und vier Motorräder. «Ich habe Spass an der Mechanik, bin aber nicht der Plauschfahrer. Der Vater meiner künftigen Frau wollte mich zu einer Spritzfahrt übers Land einladen – so nach dem Motto «gemütlich tuckern und einen möglichst billigen Wurstsalat essen gehen». Das würde ich im Leben nie machen!» Das Thema der Spritzfahrt hatte sich damit erledigt. Das mit dem Schwiegervater auch.
Blick in die Garage von Ricki Kägi
«Das Haus hat mich gefunden –
nicht ich das Haus»
Der Herr des guten Geschmacks beweist selbigen auch beim Wohnen. Kägi lebt in einem dreistöckigen Kubus auf einer Waldlichtung im Züricher Dolderquartier. Holz, Metall und Beton bilden die Basis. Für genügend Licht sorgen Riesenfenster mit Blick ins Grüne. Innen ist es ein lebendiger Mix aus Design, Modernem, Antikem und einer Prise Ethno. Viele Dinge von Reisen schmücken das Heim, welches Wohnlichkeit und Lebenslust ausstrahlt.
«Du wohnst in einem beeindruckenden Kubus.
Wie kamst du zu dem Haus?»
«Ich habe in der Umgebung von Winterthur gelebt. Über einen gemeinsamen Freund habe ich dann den Grundstückbesitzer Chici Wehrli kennengelernt. Wir hatten einen lustigen Abend. Irgendwann frage mich Wehrli, ob ich nicht nach Zürich kommen wolle, er wohne am Zürichberg, hätte viel Umschwung ums Haus und würde gerne bauen. Zürichberg? Never ever! Da wohnten meine Klassenfeinde. Ich war Ende 90er noch mehr ein Linker als jetzt und wäre niemals in ein solches Nobelviertel gezogen. Auch in den nächsten Jahren blieben wir in Kontakt und jedes Mal, wenn wir uns trafen, fragte er mich nach meinem Interesse. 2003 lernte ich eine Frau kennen und wir suchten gemeinsam eine Bleibe. Wir sahen in der NZZ ein Inserat eines Atelierhauses – es war dasjenige von Wehrli. So fuhr ich dann doch noch an den Zürichberg. Langer Rede, kurzer Sinn: Wir waren schwer beeindruckt und schlugen sofort zu. Man kann also sagen, das Haus hat eigentlich mich gefunden.»
Die Verhandlung mit Obelix
Hast du eine besondere Anekdote aus der Food-Scout-Zeit?»
«Ich war im französischen Baskenland unterwegs, da wir einen Lieferanten für Piemont d’Espelet suchten – ein sehr milder, aber geschmacksintensiver AOC Chili. Im Herbst werden die Pfefferschoten draussen an den Häusern aufgehängt und getrocknet. Ich habe angehalten und an irgend- einer Türe geläutet. Ein Mann mit der Statur von Obelix kam aus dem Haus. Er war zunächst nicht an einem Deal interessiert. Ich redete aber solange auf ihn ein, bis er mich schliesslich doch noch empfing. Ich habe ihm dann auf einem Blatt Papier aufgezeichnet, wie unsere Zahlungskonditionen sind. Wir hatten immer lange Fristen. Bei sofortiger Zahlung musste es Rabatt geben. Er nahm das Papier, schaute mich an und meinte: «Vorauszahlung und Null Rabatt». Ich war sofort einverstanden. Ich war nie der Preisdrücker. Und das Schöne: Der Deal besteht heute noch.»
«Wie kann man nach so langer Zeit als Food-Scout
seine Neugier auf Neues bewahren?
«Spannend ist ja das, was man noch nie gesehen hat – z.B. einen speziellen Essig».
«Gibt es ein bestimmtes Rezept,
dass du immer wieder gerne zubereitest?»
«Ossobuco ist einer meiner Favoriten».
«Welche kulinarischen Trends oder Entwicklungen
beschäftigen dich derzeit am meisten?»
«Nun, es gibt ja die Megatrends, also weg vom Fleisch, vegan. Und dann die Minitrends. Leute wollen sich unterhalten fühlen während des Essens z.B. mit Multimedia-Geschichten. Was mir aber wesentlich wichtiger ist, ist das, was auf den Teller kommt und eine herzliche Atmosphäre herrscht.
«Welche schönen Dinge und Genüsse sind für dich unverzichtbar, um das Leben zu bereichern?»
Die Antwort kommt wie aus der Nudelmaschine geschossen: «Pasta».
Rezept von Richi
Kochzeit: 40 Min. | Schwierigkeitsgrad: leicht | Für: 4 Personen
Zutaten:
400 g Hartweizenpasta (z.B. Paccheri, Picci oder Linguine)
500 g Datterini-Tomaten oder andere aromatische, kleine Tomaten
6 Knoblauchzehen, geschält, gescheibelt
1 roter Chili entkernt und fein gehackt
1 kleiner Bund glattblättrige Petersilie
1 EL in Salz eingelegte Kapern, gewässert
200 ml Olivenöl extra vergine
4 Scampischwänze in der Schale
500 g Fischfilets ohne Haut (Rotbarbe, Zander, Snapper, etc.)
Zubereitung:
Tomaten waschen, halbieren und Kerne auspressen, die Petersilie waschen und grob hacken.
Zusammen mit Knoblauch, Chili und Kapern in einem weiten Topf zusammen mit zirka 700 ml Wasser, 1 TL Meersalz und dem Olivenöl zum Kochen bringen. Deckel halb aufsetzen und für 30 Minuten köcheln lassen.
Salzwasser für die Pasta in einem grossen Topf aufkochen.
Scampischwänze auf der Bauchseite mit der Schere aufschneiden, Darm entfernen, würzen und etwas Olivenöl darüber träufeln.
Die Fischfilets in den reduzierten Tomatensud legen, einige Minuten mitkochen, mit der Gabel in kleine Stücke zerteilen, wenn nötig nachwürzen.
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